Bilder von der Verteidigung eines Hofes

Bilder von der Verteidigung eines Hofes ist eine Erzählung von Franz Kafka. Sie wurde zwischen 1922 und 1924 verfasst. Kritiker sind sich nicht einig, ob die Erzählung als komplette Kurzgeschichte oder als Fragment zu werten sei.[1]

Handlung

Die Erzählung beschreibt einige Vorfälle in einer Militärmannschaft, deren Aufgabe die Verteidigung eines Hofes und seiner Bewohner ist. Die eigentliche Aufgabe tritt in der Erzählung vollständig in den Hintergrund, da es nie zu wirklichen Verteidigungshandlungen kommt. Kafka beschreibt die Rolle eines Trompeters, die des Kommandanten und die eines Spähers. Der Trompeter spielt auf seiner Trompete militärische Signale, denen die Tochter des Gutspächters gespannt zuhört. Der Kommandant seinerseits schreibt und isst nicht einmal, um weiterschreiben zu können. Alle störenden Arbeiten hat er an eine andere Stelle des Hofes verlegen lassen und dem Trompeter verbietet er zu spielen. Auf einem Baum sitzt zur Beobachtung der Feinde ein Späher, der bei der Essensverteilung zuletzt an die Reihe kommt, da er in der Spitze eines Baumes mit einem Fernrohr ausharren muss, worüber er verärgert ist. Gereizt setzt er eine Prügelei mit einem Soldaten in Gang, ohne jedoch seinen Posten zu verlassen. Als sein Fernrohr zu Boden fällt, vertragen sie sich wieder und besinnen sich wieder auf ihre Aufgaben.

Form

Es handelt sich um ein Prosastück durchschnittlicher Länge, das durchgängig erzählt, ohne Gliederung und Formatierung. Die Erzählperspektive ist unpersönlich. Die Sprache entspricht dem bekannten Kafka-Duktus in seiner nüchtern-eingehend beschreibenden Art. Auffallend ist dabei die kinematografisch geprägte Darstellung, die zunehmend deutlicher in Kafkas Stil erkannt wird.[2] Optische und akustische Vorgänge werden dabei umgesetzt in filmische Abfolgen in ihrem Zeitverlauf.

Textanalyse und Bezug zu anderen Kafka-Werken

Das vorliegende Prosastück assoziiert eine skurrile Beschaulichkeit, bei der es um ein schmachtendes Mädchen, einen eifrigen Kommandanten, etwas tölpelhafte Soldaten und ganz bevorzugt um Essensaktivitäten geht. Von Kriegsgefahr und Verteidigung gegen wen oder was ist nie die Rede; nur einmal wird die „angespannte Lage“ erwähnt, aber nicht erläutert.

Diese schriftstellerische Vorgehensweise, nämlich ganz wesentliche Momente im Text einfach zu ignorieren, ist bei Kafka nicht selten, siehe auch Ein altes Blatt, Forschungen eines Hundes oder Die Truppenaushebung. Im ersten Fall besteht scheinbar kein Zusammenhang zwischen Text und Überschrift. Im zweiten Fall wird die Existenz des hundehaltenden Menschen hartnäckig negiert. Im dritten Fall fragt sich der Leser, wie die auf diese seltsame Art ausgehobene Truppe überhaupt kampffähig sein kann.

Der Titel des vorliegenden Stückes spricht ja auch nicht von der Verteidigung selbst, sondern von Bildern davon. Es geht nicht um Erläuterung, um das Davor oder das Danach, sondern nur um bewegte Standbilder des Augenblickes.

Die auftretenden Personen Kommandant, Offizier und Soldaten erinnern an die Handelnden in der Strafkolonie. Aber die vorliegende Prosa ist im Vergleich zur düster-grausamen Strafkolonie eher heiter und voller Slapstick-Momente, die sie für die Verfilmung so geeignet macht.

Der Kommandant allerdings versucht, sich dem prallen Treiben auf dem Hof zu entziehen und ist nur seiner Arbeit verpflichtet. Diese als lärmempfindlich beschriebene Person lässt an Kafka selbst denken, den asketischen Vegetarier,[3] der sich vielfach von akustischen Ereignissen gestört fühlte, wie er es in Großer Lärm schildert.

Verfilmung

2006 erschien unter dem gleichen Titel ein auf der Erzählung beruhender Kurzfilm.[4] Der Bundesverband Deutscher Kurzfilm meint dazu: „Eine hintersinnig-humorvolle Krieg-und-Frieden-Allegorie in den betörenden Sepia-Tönen des Westerns, die vom Fressen, der Moral und der Liebe in Zeiten des Wartens handelt.“[5]

Ausgabe

  • Nachgelassene Schriften und Fragmente II. Herausgegeben von Malcolm Pasley/Jost Schillemeit, Fischer, Frankfurt/Main 2002, S. 495–502.

Einzelnachweise

  1. James Rolleston: A companion to the works of Franz Kafka, Boydell & Brewer, 2002, ISBN 1571131809, Seite 24. (Vorschau in der Google-Buchsuche)
  2. Peter-André Alt: Kafka und der Film. Beck Verlag 2009, ISBN 978-3-406-58748-1, S. 7–11.
  3. Peter-André Alt: Franz Kafka: Der ewige Sohn. Eine Biographie. Verlag C.H. Beck, München 2005, ISBN 3-406-53441-4. S. 209
  4. Bilder von der Verteidigung eines Hofes in der Online-Filmdatenbank; abgerufen am 8. Januar 2017.
  5. Bilder von der Verteidigung eines Hofes In: shortfilmlivemusic.de, abgerufen am 8. Januar 2017

Weblinks

  • Kurzgeschichte bei Versalia
Werke von Franz Kafka

Zu Lebzeiten veröffentlicht:  Ein Damenbrevier | Gespräch mit dem Beter | Gespräch mit dem Betrunkenen | Die Aeroplane in Brescia | Richard und Samuel | Großer Lärm | Betrachtung | Das Urteil | Der Heizer | Die Verwandlung | Vor dem Gesetz | Der Mord | Ein Brudermord | In der Strafkolonie | Ein Landarzt | Der Kübelreiter | Josefine, die Sängerin oder Das Volk der Mäuse | Ein Hungerkünstler

Postum veröffentlicht (Auswahl):  Bilder von der Verteidigung eines Hofes | Beschreibung eines Kampfes | Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande | Kleine Seele | Der kleine Ruinenbewohner | Unter meinen Mitschülern | Skizze zur Einleitung für Richard und Samuel | Die städtische Welt | Ein junger ehrgeiziger Student | Einleitungsvortrag über Jargon | Erinnerungen an die Kaldabahn | Der Dorfschullehrer | Blumfeld, ein älterer Junggeselle | Der Gruftwächter | Die Brücke | Eine Kreuzung | Der Schlag ans Hoftor | Der Jäger Gracchus | Beim Bau der Chinesischen Mauer | Eine alltägliche Verwirrung | Der Nachbar | Vom jüdischen Theater | Die Prüfung | Der Geier | Prometheus | Die Zürauer Aphorismen | Brief an den Vater | Der große Schwimmer | Unser Städtchen liegt … | Heimkehr | Zur Frage der Gesetze | Die Wahrheit über Sancho Pansa | Das Stadtwappen | Der Steuermann | Kleine Fabel | In unserer Synagoge | Das Schweigen der Sirenen | Poseidon | Die Truppenaushebung | Forschungen eines Hundes | Das Ehepaar | Fürsprecher | Gibs auf | Der Unterstaatsanwalt | Der Process | Das Schloss | Der Verschollene | Der Aufbruch | Der Bau