Carnot-Wirkungsgrad

Carnot-Wirkungsgrad (in %) in Abhängigkeit von Tk und Th (jeweils in °C)

Der Carnot-Wirkungsgrad η c {\displaystyle \eta _{\text{c}}} (griechischer Buchstabe "eta", kleines h), auch Carnot-Faktor genannt, ist der höchste theoretisch mögliche Wirkungsgrad bei der Umwandlung von thermischer Energie in mechanische Energie.[1] Er beschreibt den Wirkungsgrad des Carnot-Prozesses, eines vom französischen Physiker Nicolas Léonard Sadi Carnot erdachten idealen Kreisprozesses.[2]

Berechnung

Der Wert des Carnot-Wirkungsgrades hängt ab von den Kelvin-Temperaturen T h {\displaystyle T_{\text{h}}} (heiß) und T k {\displaystyle T_{\text{k}}} (kalt) der Reservoirs, zwischen denen die Wärmekraftmaschine arbeitet:[1]

η c = T h T k T h = 1 T k T h {\displaystyle \eta _{\text{c}}={\frac {T_{\text{h}}-T_{\text{k}}}{T_{\text{h}}}}=1-{\frac {T_{\text{k}}}{T_{\text{h}}}}}

Der Carnot-Wirkungsgrad ist umso größer, je höher T h {\displaystyle T_{\text{h}}} und je tiefer T k {\displaystyle T_{\text{k}}} ist. Da T h {\displaystyle T_{\text{h}}} nach oben und T k {\displaystyle T_{\text{k}}} nach unten begrenzt sind, ist ein Wirkungsgrad von 100 % ausgeschlossen.

Beispiel

Der Carnot-Wirkungsgrad eines Prozesses, der zwischen 800 °C (1073,15 K) und 100 °C (373,15 K) abläuft, beträgt:

η c = 1 373 , 15 1073 , 15 = 0,652 = 65 , 2   % {\displaystyle \eta _{\text{c}}=1-{\frac {373{,}15}{1073{,}15}}=0{,}652=65{,}2\ \%}

Theoretische Grundlage

Eine Wärmekraftmaschine entnimmt Energie in Form von Wärme Q h {\displaystyle Q_{\text{h}}} aus einem Wärmespeicher hoher Temperatur T h {\displaystyle T_{\text{h}}} und gibt einen Teil davon als Nutzarbeit W {\displaystyle W} (z. B. in Form von mechanischer Arbeit) ab. Der übrige Teil der entnommenen Energie fließt als Wärme Q k {\displaystyle Q_{\text{k}}} in einen Wärmespeicher niedrigerer Temperatur T k {\displaystyle T_{\text{k}}} . Der Wirkungsgrad η {\displaystyle \eta } der Wärmekraftmaschine ist definiert als Verhältnis der abgegebenen Nutzarbeit zur aufgenommenen Wärmemenge:[3]

η = W Q h {\displaystyle \eta ={\frac {W}{Q_{\text{h}}}}}

Der Wirkungsgrad einer Wärmekraftmaschine wird durch den Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik begrenzt: Bei der isothermen Entnahme der Wärme aus dem heißen Reservoir wird die Entropie S h = Q h T h {\displaystyle S_{\text{h}}={\frac {Q_{\text{h}}}{T_{\text{h}}}}} auf die Maschine übertragen; auf der kalten Seite der Maschine wird die Entropie S k = Q k T k {\displaystyle S_{\text{k}}={\frac {Q_{\text{k}}}{T_{\text{k}}}}} auf das kalte Reservoir übertragen.

Da in selbständig ablaufenden Prozessen die Entropie niemals abnimmt, muss gelten:

S k S h {\displaystyle S_{\text{k}}\geq S_{\text{h}}} .

Entsprechend gilt für die Wärme:

Q k Q h T k T h {\displaystyle \Rightarrow Q_{\text{k}}\geq Q_{\text{h}}\,{\frac {T_{\text{k}}}{T_{\text{h}}}}}

Berücksichtigt man außerdem, dass die gesamte Energiebilanz neutral ist

Q k = Q h W {\displaystyle Q_{\text{k}}=Q_{\text{h}}-W} ,

so folgt für die Nutzarbeit:

W Q h ( 1 T k T h ) {\displaystyle \Rightarrow W\leq Q_{\text{h}}\left(1-{\frac {T_{\text{k}}}{T_{\text{h}}}}\right)}

und entsprechend für den Wirkungsgrad:

η η c {\displaystyle \eta \leq \eta _{\text{c}}} .

In der Praxis sind isotherme Wärmeübergänge nicht realisierbar, und die Prozesstemperaturen weichen von den Reservoirtemperaturen ab. Technisch werden daher je nach Kreisprozess nur maximale Wirkungsgrade von über zwei Drittel des Carnot-Wirkungsgrades erreicht.

Analoge Größen für Wärmepumpen und Kältemaschinen

Hauptartikel: Leistungszahl

In Wärmepumpen und Kältemaschinen wird der entgegengesetzte Prozess betrieben: mechanische bzw. elektrische Energie wird aufgewendet, um thermische Energie von niedrigen auf höhere Temperaturen zu heben. Daher beschreibt der Carnot-Wirkungsgrad hier nicht die maximal erzielbare, sondern die mindestens aufzuwendende elektrische Energie:

  • Wärmepumpe: W el > ( 1 T k T h ) Q h {\displaystyle W_{\text{el}}>\left(1-{\frac {T_{\text{k}}}{T_{\text{h}}}}\right)\,Q_{\text{h}}}
  • Kältemaschine: W el > ( T h T k 1 ) Q k {\displaystyle W_{\text{el}}>\left({\frac {T_{\text{h}}}{T_{\text{k}}}}-1\right)\,Q_{\text{k}}} .

Die Effizienz dieser Maschinen wird folglich nicht durch den Wirkungsgrad, sondern durch Leistungszahlen ϵ {\displaystyle \epsilon } beschrieben.

Bei einer Wärmepumpe (WP) wird die auf dem oberen Temperaturniveau von der Wärmepumpe abgegebene Wärme Q h {\displaystyle Q_{\text{h}}} genutzt:

ϵ WP = Q h W el < ϵ WP,c {\displaystyle \epsilon _{\text{WP}}={\frac {Q_{\text{h}}}{W_{\text{el}}}}<\epsilon _{\text{WP,c}}}

mit

ϵ WP,c = 1 η c = T h T h T k > 1 {\displaystyle \epsilon _{\text{WP,c}}={\frac {1}{\eta _{c}}}={\frac {T_{\text{h}}}{T_{\text{h}}-T_{\text{k}}}}>1} .

Bei einer Kältemaschine (KM) ist die bei der niedrigen Temperatur durch die Kältemaschine aufgenommene Wärme Q k {\displaystyle Q_{\text{k}}} die Nutzgröße:

ϵ KM = Q k W el < ϵ KM,c {\displaystyle \epsilon _{\text{KM}}={\frac {Q_{\text{k}}}{W_{\text{el}}}}<\epsilon _{\text{KM,c}}}

mit:

ϵ KM,c = 1 η c 1 = T k T h T k {\displaystyle \epsilon _{\text{KM,c}}={\frac {1}{\eta _{\text{c}}}}-1={\frac {T_{\text{k}}}{T_{\text{h}}-T_{\text{k}}}}} .

Weblinks

  • Interaktive Berechnung des Carnot-Wirkungsgrads. In: GeoGebra. Abgerufen am 31. August 2021 

Einzelnachweise

  1. a b Jürgen U. Keller: Technische Thermodynamik in Beispielen / Grundlagen. Walter de Gruyter, 2011, ISBN 978-3-11-084335-4, S. 188 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche). 
  2. Paul A. Tipler, Gene Mosca: Physik für Studierende der Naturwissenschaften und Technik. Springer-Verlag, 2019, ISBN 978-3-662-58281-7, S. 621 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche). 
  3. Freund, Hans-Joachim.: Lehrbuch der Physikalischen Chemie. 6., vollst. überarb. u. aktualis. Auflage. Wiley-VCH, Weinheim 2012, ISBN 978-3-527-32909-0.