Glarner Industrieweg

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Hänggiturm Ennenda mit Glärnisch

Der Glarner Industrieweg ist ein Wanderweg und eine Veloroute, der die Stationen der Industriegeschichte des Kantons Glarus verbindet.[1]

Industriegeschichte

Die Landsgemeinde vom 24. April 1463 machte den Glarner Schabziger zum ersten Markenartikel der Schweiz und weltweit. Die acht Söhne von Balthasar Jenny (1614–1697) aus Ennenda begannen um 1670 mit dem Export von Plattentischen aus dem Landesplattenberg nach ganz Europa, was für das Land Glarus und das Dorf Engi ein bedeutendes Einkommen brachte.

Die Fabrikindustrie im Kanton Glarus begann um 1740 mit der ersten Stoffdruckerei (Zeugdruckerei). Ab 1783 exportierte die Deutschländerhandlung Jenny & Streiff Leinwand- und Baumwollwaren, Schreibtafeln, Glarnertee und Schabziger.

Von 1815 bis 1870 erlebte die Glarner Baumwollindustrie in den Bereichen Stoffdruck sowie maschinelle Spinnerei und Weberei ein starkes Wachstum. Zwischen Linthal und Ziegelbrücke entstand eine Fabrik nach der anderen. Bunt bedruckte Glarner Tücher fanden in aller Welt Absatz.

Die Landsgemeinde schuf 1837 die staatliche Volksschule: der Schulbesuch bis zum 12. Altersjahr wurde obligatorisch. Zwischen 1832 und 1844 wurden zusätzliche 22 Schulhäuser gebaut. 1843 gingen 20 % der Bevölkerung in die Schule. Von den 51 Elementarschullehrern und einer Lehrerin hatten bis auf sechs alle eine Ausbildung in Seminarien (Kreuzlingen, Küsnacht, Esslingen D) erhalten.

Die Landsgemeinde schuf einen Ordnungsrahmen für die Fabrikarbeit: 1856 wurde sie für unter 12-Jährige verboten, 1864 wurde das erste demokratisch durchgesetzte Fabrikgesetz erlassen: Es reduzierte die tägliche Arbeitszeit auf zwölf Stunden (ab 1872 auf elf Stunden) und verbot Nacht- und Kinderarbeit und 1916 stimmte das Volk für die Schaffung einer kantonalen Alters- und Invalidenversicherung.[2]

Auf ihrem Höhepunkt 1868 beschäftigten 22 Druckereien 5516 Arbeiterinnen und Arbeiter und in 18 Spinnereien und 17 Webereien waren 3847 Personen tätig. Der Kanton Glarus wurde zu einem der am stärksten industrialisierten Kantone.[3]

  • Beschneiden von Schieferplatten in Engi
    Beschneiden von Schieferplatten in Engi
  • Schieferplattentisch, um 1715 nach Amerika exportiert[4]
    Schieferplattentisch, um 1715 nach Amerika exportiert[4]
  • Glarner Tüechli
    Glarner Tüechli

Der Weg

Der Weg führt über insgesamt 50 Kilometer von Linthal bis Ziegelbrücke und von Elm bis Schwanden an rund 80 ausgewählten Objekten vorbei. Bei rund 50 bedeutenden und typischen Objekten sind Infotafeln über historische, bauliche, technische und soziale Aspekte vorhanden.[5]

An vielen Orten gibt es Besichtigungsmöglichkeiten und Führungen. Eine dreiteilige Routenkarte stellt alle Industrieobjekte mit Bild und Text vor. Der Industrieweg kann in Etappen erkundet werden und weist unterwegs Picknickplätze auf. Der 1997 eröffnete Kulturweg wird vom 1995 gegründeten Verein Glarner Industrieweg (GIW) ehrenamtlich unterhalten.[6]

Die erste Etappe

Die erste Teilstrecke führt von Elm nach Schwanden über 14 Kilometer und ist mit dem Velo in ein bis drei Stunden und zu Fuss (nur bis Engi) in vier Stunden zu bewältigen. Die Themen dieser Etappe sind die Mineralquellen Elm, der Schieferabbau Elm und Engi, das Truppenlager in der früheren Spinnerei in Matt, Frottierwaren in Engi und Zeugen der ehemaligen Sernftalbahn.

  • Mineralquellen Elm AG 46.917269.16892
  • Schiefertafelwerkstatt Elm 46.9179439.172553
  • Landesplattenberg Engi 46.9731539.162295
  • Glarner Feingebäck AG, Engi 46.9744889.15967
  • Frottierweberei Weseta Textil AG, Engi 46.9856329.152677
  • Sernftalbahnmuseum, Engi 46.984929.144332
  • Elmer Citro
    Elmer Citro
  • Schiefertafelmuseum Elm
    Schiefertafelmuseum Elm
  • Landesplattenwerk Engi
    Landesplattenwerk Engi
  • Glarner Pasteten
    Glarner Pasteten
  • Sernftalbahn
    Sernftalbahn

Die zweite Etappe

Die zweite Teilstrecke führt von Linthal nach Schwanden, ist 12 Kilometer lang und mit dem Fahrrad in zwei bis drei Stunden zu bewältigen.[7] Themen auf dieser Strecke sind Betriebe der Textilindustrie, Beispiele der Wasserkraftnutzung, Villen, Arbeiterhäuser und Mädchenheime, ein modernes Industriequartier und die Industriegeschichte anhand elektrischer Haushaltsapparate.[8][9]

  • Kraftwerke Linth-Limmern, Linthal 46.8760588.986988
  • Decoralwerke AG, Lackfabrik, Leuggelbach[10] 46.9762299.046571
  • Dampfmaschine Daniel Jenny & Co., Haslen 46.9844599.060135
  • Therma AG, Schwanden (später Elektrolux)[11] 46.9953869.080046
  • Schätti AG, Schwanden 46.9969529.076898
  • Brauerei Adler, Schwanden 46.9954339.075497
  • Kunststoff Schwanden AG 46.9988759.077088
  • Glarner Wirtschaftsarchiv, Schwanden 46.9939239.078011
  • Linth-Limmern Staudamm
    Linth-Limmern Staudamm
  • Dampfmaschine Spinnerei Jenny, Haslen
    Dampfmaschine Spinnerei Jenny, Haslen
  • Adlerbräu
    Adlerbräu
  • Stoffdruckerei und Hänggiturm Blumer & Jenny, Schwanden
    Stoffdruckerei und Hänggiturm Blumer & Jenny, Schwanden
  • Unteres Blumerhaus, Schwanden
    Unteres Blumerhaus, Schwanden

Die dritte Etappe

Die dritte Teilstrecke führt von Schwanden nach Glarus, ist 9 Kilometer lang und mit dem Velo in zwei Stunden zu bewältigen. Die Themen sind der Pharma-Betrieb und Textildruckerei in Mitlödi, verschiedene Fabrikumnutzungen, eine Schokoladenfabrik, Handelshäuser und Fabrikantenvillen, der städtebaulich interessante Ortskern Glarus, die einzige Zigerfabrik weltweit in Glarus.

  • Textildruckerei Mitlödi 47.0091729.081783
  • Fabrikensemble D. Jenny mit altem Kontor und Fabrikladen, Ennenda 47.0369329.075224
  • Anna Göldi Museum im Hänggiturm, Ennenda 47.0372849.075143
  • Läderach chocolatier suisse, Ennenda 47.0295249.079867
  • Modell Alt-Glarus (Stadtkirche Glarus) 47.0402839.065429
  • Zigerfabrik Geska AG, Glarus 47.0449869.068744
  • Seidendruckerei Mitlödi
    Seidendruckerei Mitlödi
  • Jenny Areal
    Jenny Areal
  • Hänggiturm Ennenda
    Hänggiturm Ennenda
  • Alt-Glarus
    Alt-Glarus
  • Schabziger
    Schabziger

Die vierte Etappe

Die vierte Teilstrecke führt von Glarus nach Ziegelbrücke, ist 11 Kilometer lang und mit dem Velo in drei bis vier Stunden zu bewältigen. Die Themen der vierten Etappe sind die einzige Kalkfabrik der Schweiz in Netstal, viele Umnutzungsbeispiele, Betriebe der Maschinen-, Verpackungs-, Papier-, Kunststoff- und Bauindustrie, die Linthkorrektion im 19. Jahrhundert und ein bedeutendes Spinnerei-Ensemble in Ziegelbrücke.

  • Freulerpalast Näfels
    Freulerpalast Näfels
  • Linth-Escher-Auditorium, Mollis
    Linth-Escher-Auditorium, Mollis
  • Eternit Niederurnen
    Eternit Niederurnen
  • Hammerschmiede Mühlehorn (vorne links)
    Hammerschmiede Mühlehorn (vorne links)
  • Jenny Spinnereiensemble, Ziegelbrücke
    Jenny Spinnereiensemble, Ziegelbrücke

Literatur

  • 200 Jahre Daniel Jenny & Cie. in Ennenda und Haslen. Edition Comptoir Blätter 3, Firma Daniel Jenny & Co., Haslen GL 2008
  • 200 Jahre (Bartholome) Daniel Jenny & Cie. in Ennenda und Haslen: Zeitreise eines Glarner Textilunternehmens von 1808 bis 2008; eine Festschrift. Daniel Jenny & Co., Weberei und Konfektion 2008
  • Reto D. Jenny: Glarner Tuch Gespräche: Tagungsband Internationale Fachtagung vom 2./3. Juni 2016 im Hänggiturm Blumer & Cie., Schwanden zum Thema «Kunst und Geschichte des Glarner und europäischen Zeugdrucks». Verlag Sent Comptoir von Daniel Jenny & Cie 2017. Serien: Edition Comptoir-Blätter, 10/11

Siehe auch

Weblinks

Commons: Glarner Industrieweg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Südostschweiz vom 8. November 2020: Der Glarner Industrieweg wird nach 25 Jahren erneuert
  • myswitzerland: Glarner Industrieweg
  • Freizeit.ch: Glarner Industrieweg von Linthtal bis Ziegelbrücke
  • Kanton Glarus 2014: Industriespionage kinderleicht
  • Glarus24.ch vom 26. Juli 2019: Das Comptoir in Ennenda, Teil 1
  • Glarus24.ch vom 27. Juli 2019: Das Comptoir in Ennenda, Teil 2

Einzelnachweise

  1. Offizielle Webseite des Glarner Industriewegs
  2. Zeit-Fragen vom 17. November 2020: Werner Wüthrich: Die Landsgemeinde als direktdemokratische Basis für den Ordnungsrahmen im Wirtschaftskanton Glarus
  3. swissinfo.ch vom 23. August 2020: Das Coronavirus hat dem Glarner Textildruck den Rest gegeben
  4. Metropolitan Museum of Art
  5. Glarus24 vom 26. Juli 2015: GIW: Industriegeschichte wird lebendig
  6. Glarner Agenda: Glarner Industrieweg
  7. Wanderprofi: Linthal–Schwanden
  8. Südostschweiz vom 16. Oktober 2019: Abenteuerliche Reisen und Erfindergeist
  9. Schwanden GL: Gewerbe Industrie
  10. Decoralwerke AG
  11. e-museum: Therma AG Schwanden