Grenzvertrag zwischen Bayern und Württemberg

Blick über die Donau von Neu-Ulm zum Ulmer Münster, von Bayern nach Württemberg, seit 1810 durch die Donau getrennt

Dem Grenzvertrag zwischen dem Königreich Bayern und dem Königreich Württemberg, der am 18. Mai 1810 in Paris abgeschlossen wurde, kommt eine herausragende Bedeutung zu, da diese Regelung bis zum heutigen Tage ohne jede Veränderung gültig geblieben ist. Die Grenze zwischen den heutigen Ländern Bayern und Baden-Württemberg wurde in ihrem Verlauf vom Bodensee bis in den Taubergrund damals endgültig festgelegt. Dabei wurde auch die ehemalige Reichsstadt Ulm durch die Donau geteilt.

Politische Voraussetzungen

Die Präambel des Vertrages, der nicht zufällig in Paris abgeschlossen wurde, beschreibt klar die politische Ausgangslage. Es mussten sowohl „bisher unberichtigt gebliebene Grenzdifferenzen und sonstige gegenseitige Ansprüche mit einem Male und auf dauerhafte Weise“ beendigt werden, als auch „diejenigen Stipulationen, welche in den beiderseitigen mit Frankreich neuerdings abgeschlossenen Traktaten festgesetzt worden sind, durch einen abschließenden Vertrag in Erfüllung“ gebracht werden. Hiermit wird ohne Umschweife der Druck des Kaisers der Franzosen, Napoleon Bonaparte, auf die süddeutschen Rheinbundfürsten umschrieben. Napoleon lag daran, in Süddeutschland drei leistungsfähige Staaten – Bayern, Württemberg und Baden – zu schaffen, die vor allem in der Lage sein sollten, seine Forderungen auf Truppengestellungen zu erfüllen. Hier war nach den Bestimmungen im Frieden von Pressburg vom 26. Dezember 1805 und dem Frieden von Schönbrunn vom 14. Oktober 1809 das Königreich Bayern zu großzügig bedacht worden. Als Kompensation für den Gewinn von Tirol und Salzburg sollte Bayern im Westen Gebiete an Württemberg abtreten, das im weiteren Verlauf dann Baden entschädigen sollte. Dabei sollte jeder der drei Staaten einen Zugang zum Bodensee erhalten. Baden sollte das Großherzogtum Hessen entschädigen.

Vertragschließende Parteien

König Maximilian I. Joseph von Bayern ernannte seinen Außenminister Graf Maximilian von Montgelas, König Friedrich I. von Württemberg seinen Staats- und Kabinettsminister Graf Ludwig von Taube als Bevollmächtigten. Der Vertrag fixiert den Grenzverlauf von Süd nach Nord und legt im Einzelnen genau die Gebietsabtretungen Bayerns an Württemberg fest. Der logisch hierauf folgende Grenzvertrag zwischen Württemberg und Baden wurde am 8. Oktober 1810 ebenfalls in Paris geschlossen.

Grenzverlauf

Grenzverlauf Bayern und Württemberg

Die Grenze zwischen Bayern und Württemberg wurde beginnend vom Bodensee bei Kressbronn zunächst in östlicher Richtung bis Isny gezogen, um dem Königreich Bayern einen ungehinderten Zugang nach Lindau zu schaffen. Nun machte die Grenze einen rechten Winkel und verlief stetig nach Norden bis zu ihrem Endpunkt, dem Dreiländereck mit dem Großherzogtum Würzburg bei Waldmannshofen. Wo immer möglich, wurden Flussläufe wie Iller, Donau und Tauber als Grenze festgelegt. Es gelang den Unterhändlern, einen Verlauf ohne jede Exklave oder Enklave zu schaffen. Dafür nahm man auch in Kauf, die Territorien einiger mediatisierter Staaten zu durchschneiden, insbesondere die Reichsstadt Ulm mit ihrem Gebiet, die Grafschaft Oettingen, das Fürstentum Ansbach und die Gebiete der Reichsstädte Nördlingen, Dinkelsbühl und Rothenburg. Größte Territorien, die in ihrer Gesamtheit von Bayern an Württemberg abgetreten wurden, waren die vorderösterreichische Grafschaft Montfort, die Reichsstädte Buchhorn, Ravensburg, Leutkirch, Wangen und Bopfingen sowie standesherrliche Territorien der Fürsten von Thurn und Taxis, Schwarzenberg und Hohenlohe-Kirchberg.

Abtretungen

Die Darstellung Württemberg 1789 veranschaulicht am besten die Veränderungen von 1810

Die damaligen Abtretungen von insgesamt 351 Städten, Gemeinden, Pfarrorten und Weilern betrafen nach der heutigen Verwaltungsgliederung Baden-Württembergs einen Stadtkreis und elf Landkreise (von Süd nach Nord):

Von Bayern wurden an Württemberg abgetreten (von Süd nach Nord):

Das Landgericht Elchingen wurde Teil des württembergischen Oberamts Albeck, die Herrschaft Bergenweiler kam zum Oberamt Heidenheim.

  • Zum Landgericht Wiesensteig gehörte das Ulmer Amt Nellingen (in Württemberg zum Oberamt Blaubeuren).
  • Landgericht Söflingen umfasste das Ulmer Amt Bermaringen sowie den Besitz der Klosterfrauen in Ulm und des Stifts zu den Wengen zu Ulm unter der Landeshoheit der Reichsstadt Ulm. Weiterhin gehörte auch der Besitz der Abtei Söflingen und das Pflegamt Tomerdingen der Abtei Elchingen zum Landgericht, ebenso wie Streubesitz verschiedener Herren:
    • Herrschaft Erbach des Freiherrn von Ulm zu Erbach, die zu Vorderösterreich (Schwäbisch Österreich) zählte, dazu als Kondominium mit der Reichsstadt Ulm der Pfarrort Einsingen,
    • Pfarrdorf Dellmensingen der Herrschaft Werdenstein unter burgauischer Landeshoheit (Vorderösterreich, Schwäbisch Österreich), immatrikuliert in der Reichsritterschaft, im Schwäbischen Ritterkreis und im Kanton an der Donau,
    • Burgvogtei Illerrieden des Hoch- und Deutschmeistertum des Deutschen Ritterordens, Ballei Elsass und Burgund, Kommende Altshausen,
    • Pfarrort Bollingen des Hoch- und Deutschmeistertum des Deutschen Ritterordens, Oberamt Ellingen, Kommende Ulm unter der Landeshoheit der Reichsstadt Ulm,
    • Kondominium Wippingen des Herzogtums Württemberg, Oberamt Blaubeuren; Hoch- und Deutschmeistertum des Deutschen Ritterordens, Ballei Elsass und Burgund, Kommende Altshausen, Obervogtei Arnegg, Kommende Ulm, Abtei Söflingen, Reichsstadt Ulm,
    • Kondominium Gögglingen des Hoch- und Deutschmeistertum des Deutschen Ritterordens, Ballei Elsass und Burgund, Kommende Altshausen; Abtei Wiblingen unter österreichischer Landeshoheit (Vorderösterreich, Schwäbisch Österreich), Reichsstadt Ulm, Spital.
    • Ebenso weiterer Besitz in der Reichsritterschaft, im Schwäbischen Ritterkreis und im Kanton an der Donau:
    • Kondominium Böttingen des Hoch- und Deutschmeistertum des Deutschen Ritterordens, Oberamt Ellingen, Kommende Ulm unter der Landeshoheit der Reichsstadt Ulm, Kaplanei Klingenstein, Abtei Söflingen,
    • Freiherr von Bernhausen mit Klingenstein und Herrlingen,
    • Schenk von Stauffenberg mit Rißtissen,
    • Schenk zu Castell mit Bach und Wernau,
    • Kondominium Eggingen des Hoch- und Deutschmeistertums des Deutschen Ritterordens, Ballei Elsass und Burgund, Kommende Altshausen, Obervogtei Arnegg 2/3; Abtei Söflingen 1/3,
    • Kondominium Ermingen des Hoch- und Deutschmeistertums des Deutschen Ritterordens, Ballei Elsass und Burgund, Kommende Altshausen, Obervogtei Arnegg, Abtei Söflingen,
    • Kondominium Harthausen bei Ulm des Hoch- und Deutschmeistertum des Deutschen Ritterordens, Ballei Elsass und Burgund, Kommende Altshausen, Obervogtei Arnegg, Abtei Söflingen,
    • In der Reichsritterschaft, im Schwäbischen Ritterkreis und im Kanton am Neckar und Schwarzwald

Das Landgericht Söflingen wurde auf die württembergischen Oberämter Ulm (Söflingen, Einsingen, Harthausen, Böfingen), Wiblingen (Dellmensingen, Illerrieden), Blaubeuren (Bollingen, Wippingen, der Ulmer Anteil von Gögglingen, Böttingen, Klingenstein und Herrlingen, Eggingen, Ermingen) und Ehingen (Ersingen, Wernau, Erbach, Rißtissen) verteilt.

  • Mediatgebiet Oettingen-Wallerstein mit der Grafschaft Oettingen-Baldern und Katzenstein, den Ämtern Neresheim und Wallerstein, den Klöstern Deggingen und Kirchheim unter oettingischer Landeshoheit und den Herrschaften Schenkenstein und Burgberg. Dazu
    • Standesherrschaften Kerkingen und Merkingen unter oettingischer Landeshoheit,
    • Kondominium Tannhausen mit Fürstentum Oettingen-Spielberg gemeinsam 2/3; Reichsritterschaft, Schwäbischer Ritterkreis, Kanton am Kocher (Freiherr von Thannhausen) 1/3,
    • Schloss Dambach als Kondominium mit Fürstentum Oettingen-Spielberg,
    • Geislingen und Wilflingen als Kondominien mit Abtei Kaisheim,
    • Pfarrort Zöbingen als Kondominium mit der Reichsstadt Bopfingen,
    • Kondominium Benzenzimmern mit Kloster Kirchheim unter oettingischer Landeshoheit; Abtei Kaisheim; Reichsstadt Nördlingen.

Das Gebiet der Fürsten von Oettingen-Wallerstein wurde auf die württembergischen Oberämter Ellwangen (Amt Wallerstein, Tannhausen, Dambach, Geislingen, Wilflingen, Zöbingen, Benzenzimmern) und Neresheim (Baldern und Katzenstein, Schenkenstein, Amt Neresheim, Kerkingen und Merkingen, Kirchheim am Ries) verteilt.

  • Mediatgebiet Oettingen-Spielberg mit der Ortschaft Buckenweiler und drei Kondominien:
    • Pfarrdorf Walxheim gemeinsam mit Fürstentum Oettingen-Wallerstein, Reichsstadt Bopfingen,
    • Pfarrdorf Unterschneidheim gemeinsam mit Hoch- und Deutschmeistertum des Deutschen Ritterordens, Oberamt Ellingen, Kommende Schneidheim, Reichsstadt Dinkelsbühl, Reichsstadt Bopfingen,
    • Weiler Oberschneidheim gemeinsam mit Hoch- und Deutschmeistertum des Deutschen Ritterordens, Oberamt Ellingen, Kommende Schneidheim, Reichsstadt Nördlingen, Reichsstadt Bopfingen.

Das Gebiet der Fürsten von Oettingen-Spielberg kam zum württembergischen Oberamt Ellwangen, Buckenweiler zum Oberamt Crailsheim.

Das an Württemberg fallende Gebiet des Landgerichts Dinkelsbühl kam zum württembergischen Oberamt Ellwangen, Lautenbach, Matzenbach, Unterdeufstetten und Wildenstein zum Oberamt Crailsheim.

  • Landgericht Crailsheim, gebildet aus dem Oberamt Crailsheim des Markgraftums Brandenburg-Ansbach des Fürstentums Ansbach-Bayreuth, dazu zahlreiche Kondominien:
    • mit der Reichsstadt Dinkelsbühl:
    • mit der Reichsstadt Hall am Kocher:
    • Mit dem Ritterstift Comburg unter bischöflich-würzburgischer Landeshoheit:
    • immatrikuliert in der Reichsritterschaft, Schwäbischer Ritterkreis, Kanton am Kocher:
      • Filialdorf Weipertshofen mit Fürstpropstei Ellwangen, Stadtammannamt.
    • Immatrikuliert in der Reichsritterschaft, Fränkischer Ritterkreis, Kanton Odenwald:
      • Pfarrort Satteldorf mit Freiherr von Ellrichshausen,
      • Pfarrort Jagstheim mit Reichsstadt Hall am Kocher, Freiherr von Ellrichshausen,
      • Pfarrort Triensbach mit Freiherr von Crailsheim,
      • Pfarrort Gröningen als Kondominium mit Freiherr von Seckendorff-Gutendorf; Freiherr von Crailsheim, Graf von Soden-Neidenfels,
      • Pfarrort Tiefenbach als Kondominium mit Graf von Soden, Freiherr von Seckendorff-Aberdar,
      • Pfarrort Ellrichshausen als Kondominium mit Graf von Soden-Neidenfels, Freiherr von Ellrichshausen, Graf von Uexküll-Gyllenband
    • Territorien der Reichsritterschaft, Schwäbischer Ritterkreis, Kanton am Kocher:
      • Kondominium Ropfershof 3/4 Freiherr von Berlichingen-Rossach; 1/4 Graf von Mandelsloh,
      • Pfarrort Rechenberg als Kondominium 3/4 Freiherr von Berlichingen-Rossach; 1/4 Graf von Mandelsloh,
    • Territorien der Reichsritterschaft, Fränkischer Ritterkreis, Kanton Odenwald:
      • Herrschaft Haltenbergstetten des Fürsten von Hatzfeldt,
      • Burg Roßbürg der Erben von Wollmershausen,
      • Rittergut Hornberg und Pfarrort Morstein des Freiherrn von Crailsheim,
      • Rittergut Neidenfels des Grafen von Soden,
      • Kondominium Hengstfeld der Erben vom Holtz; Erben von Wollmershausen; Freiherr von Berlichingen; Freiherr von Görlitz,
      • Rittergut Erkenbrechtshausen als Kondominium Freiherr von Seckendorff-Aberdar, Herrschaft Erkenbrechtshausen; Freiherr von Crailsheim.

Das Landgericht Crailsheim wurde württembergisches Oberamt Crailsheim; der Ropfershof kam zum Oberamt Ellwangen.

Landgericht Gerabronn wird württ. Oberamt Blaufelden, 1811 nach Gerabronn verlegt.

  • Mediatgebiet Hohenlohe-Kirchberg mit den Ämtern Kirchberg, Döttingen und Lobenhausen, dazu als Kondominium, immatrikuliert in der Reichsritterschaft, im Fränkischen Ritterkreis und im Kanton Odenwald mit Freiherrn von Seckendorff-Aberdar, Herrschaft Erkenbrechtshausen, Freiherr von Crailsheim das Pfarrdorf Lendsiedel. Das Gebiet der Fürsten von Hohenlohe-Kirchberg kam zum württembergischen Oberamt Blaufelden.
  • Vom Mediatgebiet Schwarzenberg das Amt Michelbach an der Lücke (zum württembergischen Oberamt Blaufelden).
  • Vom Landgericht Uffenheim ein Gebiet, gebildet aus dem Oberamt Creglingen des Markgraftums Brandenburg-Ansbach des Fürstentums Ansbach-Bayreuth, dazu das Pfarrdorf Frauental des Oberamts Hoheneck und das Kondominium Archshofen des Herrn von Oetinger, immatrikuliert in der Reichsritterschaft, im Fränkischen Ritterkreis und im Kanton Odenwald.
    • Herrschaft Waldmannshofen des Fürsten von Hatzfeldt, immatrikuliert in der Reichsritterschaft, Fränkischer Ritterkreis, Kanton Odenwald.

Das an Württemberg fallende Gebiet des Landgerichts Uffenheim kam zum württembergischen Oberamt Mergentheim. Waldmannshofen bildet den nördlichen Endpunkt der 1810 gemeinsam festgelegten Grenze zwischen Bayern und Württemberg.

Das Königreich Bayern erhielt die ostwärts der neuen Grenzlinie gelegenen alt- und neuwürttembergischen Ortschaften und Ortsteile, dabei das Amt Weiltingen und die ehemals Waldburg-Zeilsche Gemeinde Wengen mit der Burg Alttrauchburg. Im Austausch für Weiltingen erhielt König Friedrich I. von Württemberg die Deutschordenskommende Altshausen mit dem Schloss für sein Privatvermögen.

Weblinks

  • Grenzvertrag zwischen dem Königreich Bayern und dem Königreich Württemberg vom 18. Mai 1810 (Volltext)
  • Königliches Manifest, die neue Eintheilung des Königreichs betreffend vom 27. Oktober 1810

Siehe auch