Tohuwabohu

Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Tohuwabohu (Begriffsklärung) aufgeführt.

Tohuwabohu ist ein Lehnwort aus dem Hebräischen. Es bezeichnet ein heilloses Durcheinander und wird modernisiert mit „Chaos“ übersetzt.[1]

Etymologie

Tohuwabohu geht auf das hebräische tōhū wā-ḇōhū zurück, das in der Bibel an zwei Stellen vorkommt. תֹּהוּ tōhū bedeutet „Leere“, „Öde“, „Chaos“[2][3], בּהוּ bōhū „Leere“, „Einöde“, „Chaos“[4], „ungeordnet Sein“.[3] Im Hendiadyoin verbunden bezeichnet תֹּהוּ וָבֹהוּ tōhū wā-ḇōhū das urzeitliche Chaos vor der Schöpfung[2] und ist als extreme Steigerung des Wortes תֹּהוּ tōhū zu verstehen[5]. Die hebräische Wendung bildet zudem ein Homoioteleuton.

Übersetzungen

Die verschiedenen Bibelübersetzungen geben die Wendung תֹּהוּ וָבֹהוּ tōhū wā-ḇōhū auf verschiedene Weisen wieder.

  • „wüst und leer“: Lutherbibel, Elberfelder Bibel, Schlachter 2000
  • „wüst und wirr“: Einheitsübersetzung
  • „wüst und unvollständig“: Neues Leben Bibel (Jer 4,23)
  • „wüstes Chaos“: Gute Nachricht Bibel (Jer 4,23)
  • „wüst und öde“: Zürcher Bibel, Neues Leben Bibel (Gen 1,2), Menge-Bibel (Jer 4,23)
  • „Wüstenei und Öde“: Menge-Bibel (Gen 1,2)
  • „leer und öde“: Gute Nachricht Bibel (Gen 1,2)
  • „leer und ungestaltet“: Hoffnung für alle (Gen 1,2)
  • „leer und ohne Leben“: Hoffnung für alle (Jer 4,23)
  • „formlos und leer“: Neue evangelistische Übersetzung
  • „Irrsal und Wirrsal“: Die Schrift[6]

Biblischer Befund

Zu Beginn des ersten Schöpfungsberichtes in der Genesis heißt es: „Die Erde war wüst und wirr und Finsternis lag über der Urflut und Gottes Geist schwebte über dem Wasser.“ (Gen 1,2 EU). Da bereits in V. 1 berichtet wird, dass Gott die Erde schuf, sahen ältere Auslegungen hier einen Beweis für die creatio ex nihilo: Gott habe aus dem Nichts das תֹּהוּ וָבֹהוּ tōhū wā-ḇōhū geschaffen, um es dann zu ordnen. Diese Vorstellung ist aufzugeben. Heute gilt als Konsens, dass das תֹּהוּ וָבֹהוּ tōhū wā-ḇōhū eine vorgegebene Größe war, an der Gott erschaffend handelte.[7]

In Jer 4,19–31 EU klagt der Prophet über Gottes umfassendes Gericht.[8] In Jer 4,23 EU heißt es: „Ich schaute die Erde und siehe: Sie war wüst und wirr. / Ich schaute zum Himmel: Er war ohne sein Licht.“ Gottes Gericht beschränkt sich hier nicht auf sein Volk, sondern bezieht die ganze Welt mit ein. Der Prophet fühlt sich in die Zeit vor der Schöpfung zurückversetzt. Das urzeitliche Chaos ist durch die Sünde des Gottesvolkes wieder da.[9]

Heutige Verwendung

Im heutigen Sprachgebrauch hat das Tohuwabohu den urzeitlichen Charakter verloren. Es bezeichnet ein „völliges Durcheinander“; „Wirrwarr“, „Chaos“.[1]

Literatur

  • Friedrich Kluge, bearbeitet von Elmar Seebold: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 24. Auflage (durchgesehene und erweiterte Auflage). Walter de Gruyter, Berlin/New York 2001, ISBN 978-3-11-017473-1, Seite 919.
  • Martin Hann: Die Bibel (= UTB für Wissenschaft: Uni-Taschenbücher, Band 2591.). Schöningh, 2005, ISBN 3-8252-2591-7, S. 48.
  • Andreas Schüle: Die Urgeschichte: (Gen 1 – 11) (= Züricher Bibelkommentare. Altes Testament, Band 1.). Theologischer Verlag Zürich, Zürich 2009, ISBN 3-290-17527-8, S. 34.

Weblinks

Wiktionary: Tohuwabohu – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. a b Tohuwabohu. In: Duden. Cornelsen Verlag GmbH, 2022, abgerufen am 25. Oktober 2022. 
  2. a b Wilhelm Gesenius: Hebräisches und aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament. 18. Auflage. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-25680-6, S. 1425 f. 
  3. a b Karl Feyerabend: Langenscheidts Wörterbuch Althebräisch-Deutsch zum Alten Testament. S. 25, 285.
  4. Wilhelm Gesenius: Hebräisches und aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament. 18. Auflage. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-25680-6, S. 126. 
  5. Friedrich Johannsen, Nils Neumann: Alttestamentliches Arbeitsbuch für Schule und Studium. 5. Auflage. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 27. März 2019, S. 58. 
  6. Im Anfang. Auszug aus den Büchern der Weisung, „Verdeutschung“ nach Buber/Rosenzweig.
  7. Walter Groß: Creatio ex nihilo. In: Religion in Geschichte und Gegenwart (RGG). 4. Auflage. Band 2, Mohr-Siebeck, Tübingen 1999.
  8. Dieter Schneider: Der Prophet Jeremia. In: Gerhard Maier, Adolf Pohl (Hrsg.): Wuppertaler Studienbibel. Band 7. R. Brockhaus Verlag, Wuppertal 1977, S. 72. 
  9. Dieter Schneider: Der Prophet Jeremia. In: Gerhard Maier, Adolf Pohl (Hrsg.): Wuppertaler Studienbibel. Band 7. R. Brockhaus Verlag, Wuppertal 1977, S. 75.