Die Wishart-Verteilung ist eine Wahrscheinlichkeitsverteilung und zwar die matrixvariate Entsprechung der χ2-Verteilung. Sie wurde nach dem schottischen Statistiker John Wishart benannt.
Die Wishart-Verteilung spielt eine zentrale Rolle in der Theorie der Zufallsmatrizen und in der multivariaten Statistik.
Wishart Ensemble
In der Theorie der Zufallsmatrizen bezeichnet das Wishart Ensemble den Raum der Wishart-Matrizen. Analog zu Dysons
-Gaußschem Ensemble spricht man auch vom
-Wishart Ensemble für (reell) Wishart, komplex Wishart und Quaternion Wishart. Häufig verwendet man aber auch die technische Bezeichnung Laguerre, somit erhält man die
-Ensembles LOE, LUE und LSE, benannt nach der Invarianz des Maßes unter der entsprechenden kompakten Lie-Gruppen-Konjugation.
Definition
Sei
eine
-Zufallsmatrix. Das Wahrscheinlichkeitsmaß[1]
![{\displaystyle W_{m}(n,\Sigma ):={\frac {1}{{\mathcal {W}}_{n,m,\Sigma }}}(\det M)^{(n-m-1)/2}e^{-{\frac {1}{2}}\operatorname {tr} (\Sigma ^{-1}M)}\mathrm {d} M,}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/5b89857410d57cad78bec7eea3a641cebce19ea9)
wobei
![{\displaystyle {\mathcal {W}}_{n,m,\Sigma }:=2^{nm/2}\Gamma _{m}(n/2)(\det \Sigma )^{n/2},}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/341f66ff09e839a4795eb872225b7ac4f7989dd1)
definiert die zentrierte Wishart-Verteilung mit
Freiheitsgraden auf dem Raum der symmetrischen positiv definiten Matrizen (
).
Mit
bezeichnet man die multivariate Gammafunktion:
![{\displaystyle \Gamma _{m}\left({\frac {n}{2}}\right)=\pi ^{m(m-1)/4}\prod _{j=1}^{m}\Gamma \left({\frac {n}{2}}-{\frac {j-1}{2}}\right).}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/48c4aa27705829ceb2d9ebaaced88ff1ce8dada0)
Eine Zufallsmatrix
nennt man zentrierte Wishart-Matrix.
Im Fall
erhält man singuläre Wishart-Matrizen.[2]
Einleitung
Sei
eine
-dimensionale Zufallsmatrix, die der zentrierten matrixvariaten Normalverteilung
folgt. Dann ist
![{\displaystyle W=XX'}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/5276d3b2eb14c56286c8f7853b7c05726ebaade6)
Wishart-verteilt. Das heißt, eine
-Wishart-Matrix besteht aus
sich nicht wiederholenden Elementen. Falls
spricht man von einer zentrierten Wishart-Matrix.
Wenn allerdings
nicht zentriert ist, d. h.
, dann spricht man von einer nicht-zentrierten Wishart-Matrix, geschrieben
(siehe Abschnitt Nicht-zentrierte Wishart-Verteilung). Explizite Formeln sind für diese Matrix in hoher Dimension äußerst kompliziert. Man kann jedoch die charakteristische Funktion angeben.[3]
Falls
einer komplexen matrixvariaten Normalverteilung folgt, dann ist
komplex Wishart-verteilt.
Eigenwertdichte
Sei
und
die geordneten Eigenwerte. Weiter sei
das normalisierte Haarsche Maß über der orthogonalen Gruppe
und
, dann ist die Eigenwertdichte[4]
,
wobei
.
Für das Integral über der orthogonalen Gruppe gibt es keine bekannte geschlossene Formel. Allerdings kann man mit Hilfe der Theorie der zonalen Polynome eine unendliche Reihenentwicklung für das Integral finden.
Für komplexe Wishart-Matrizen geht das Integral über die unitäre Gruppe
, welches man mittels dem Harish-Chandra-Itzykson-Zuber-Integral berechnen kann.
wird auch als verallgemeinerte Varianz bezeichnet.
Nicht-zentrierte Wishart-Verteilung
Eine symmetrische positive
-Zufallsmatrix
folgt der nicht-zentrierten Wishart-Verteilung, geschrieben
, falls sie folgende Wahrscheinlichkeitsdichte besitzt:[5]
Für
gilt
![{\displaystyle f(M)={\bigg \{}2^{{\frac {1}{2}}np}\Gamma _{p}\left({\frac {1}{2}}n\right)\det(\Sigma )^{{\frac {1}{2}}n}{\bigg \}}^{-1}\exp \left(\operatorname {tr} (-{\frac {1}{2}}\Xi )\right)\exp \left(\operatorname {tr} (-{\frac {1}{2}}\Sigma ^{-1}M)\right)\det(M)^{{\frac {1}{2}}(n-p-1)}{}_{0}F_{1}\left({\frac {1}{2}}n;{\frac {1}{4}}\Xi \Sigma ^{-1}M\right),}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/6ff442d60a6adb9dbf4271cde4d14017fb947f44)
wobei
die verallgemeinerte hypergeometrische Funktion mit Matrizen-Argument ist.
Wishart-Prozess
Der Wishart-Prozess bzw. dessen Eigenwertprozess ist das Analogon zu Dysons brownscher Bewegung für Kovarianzmatrizen. Sei
der Raum der semidefiniten reellen
-Matrizen,
und
eine
-Matrix-Brownsche-Bewegung. Weiter sei
und
sowie
ein Parameter. Der Wishart-Prozess ist die starke Lösung folgender stochastischen Differentialgleichung:[6]
![{\displaystyle \mathrm {d} S_{t}={\sqrt {S_{t}}}\mathrm {d} B_{t}Q+Q^{T}\mathrm {d} B_{t}^{T}{\sqrt {S}}_{t}+\left(MS_{t}+S_{t}M^{T}+\alpha QQ^{T}\right)\mathrm {d} t,\quad t\geq 0}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/25d53b6a274f8eb11703655fbd95ea67d1255680)
Betrachtet man das Wishartsche unitäre Ensemble, so wird der Prozess auch häufig Laguerre-Prozess genannt.
Finanzmodelle mit multivariater wishartschen stochastischen Volatilität haben mehr Flexibilität als das klassische Black-Scholes-Modell.
Asymptotisches Spektralmaß
Für unendlich große Standard-Wishart-Matrizen (sowie auch für allgemeinere Formen) gilt für die Eigenwerte das Marchenko-Pastur-Gesetz.
Marchenko-Pastur-Gesetz
Sei
und
so dass
, dann konvergiert das empirische Spektralmaß von
auf
schwach nach[7]
![{\displaystyle \operatorname {mp} _{\alpha }(\mathrm {d} x,\omega ):=\left(1-{\frac {1}{\alpha }}\right)^{+}\delta _{0}+{\frac {\sqrt {(x-\lambda _{-})(\lambda _{+}-x)}}{2\pi x\alpha }}1_{x\in [\lambda _{-},\lambda _{+}]}\mathrm {d} x\quad {\text{fast sicher.}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/8869b03bd06d0f9e048d8ac9a7fd0adff4017be1)
Tracy-Widom-Gesetz
Der größte Eigenwert einer normalisierten Wishart-Matrix folgt dem Tracy-Widom-Gesetz.
Eigenschaften
Die Wishart-Verteilung hat folgende Eigenschaften:[8]
- Sei
und
eine
-Matrix mit Rang
, dann gilt
. - Aus (1.) folgt somit
. - Seien
unabhängige Wishart-Matrizen. Dann ist
(Reproduktivität). - Sei
, dann ![{\displaystyle \mathbb {E} [W_{m}]=n\Sigma .}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/6619e89b2db5b174b44b17dcb60609b28a37316b)
Für nicht-zentralisierte Wishart-Matrizen gilt
- Seien
und
und unabhängig, dann ist
(Reproduktivität).
Herleitung
Seien
(standardnormalverteilte Zufallsvariablen). Summiert man die Quadrate der
erhält man eine Chi-Quadrat-verteilte Zufallsvariable mit
Freiheitsgraden:
![{\displaystyle Y=\sum _{i=1}^{m}X_{i}^{2}\sim \chi ^{2}(m)}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/77430bf0e5eecca713ef6fa865f72476be864891)
Diese Summe lässt sich aber auch als das Produkt eines
-variaten Zufallsvektors mit seiner Transponierten auffassen:
![{\displaystyle Y=ZZ',}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/ed2d2d096667c1df81742921764f845ca490eb69)
wobei
.
Hat man nun
unabhängige Zufallsvektoren
, fasst man diese in einer
-Zufallsmatrix zusammen:
.
Multipliziert man
mit ihrer Transponierten, erhält man eine (symmetrische)
-Zufallsmatrix, die der Wishart-Verteilung mit
Freiheitsgraden folgt:
![{\displaystyle {\textbf {W}}=\mathbf {X} \mathbf {X} '=\sum _{i=1}^{n}Z_{i}'Z_{i}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/bbb785c704d0c29bfd821011c39733df033fbd86)
mit
.
Erläuterungen
Betrachte
Observationen mit
Parametern
. Sei
, dann ist
.
Das heißt, die Wishart-Matrix ist in diesem Beispiel die Summe aus zehn verschiedenen Matrizen.
Statistisches Beispiel
Seien
i.i.d.
-dimensionale Zufallsvektoren mit Verteilung
. Definiere die Schätzfunktionen für den Erwartungswert und die Varianz
![{\displaystyle {\overline {X}}={\frac {1}{n}}\sum \limits _{i=1}^{n}X_{i}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/ddc3d0c3c46b2b347e16595c86998b08b73c6b29)
![{\displaystyle S={\frac {1}{n-1}}\sum \limits _{i=1}^{n}(X_{i}-{\overline {X}})(X_{i}-{\overline {X}})^{t}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/796d30d99145271081dddf29db1ec62c8236873c)
Dann gilt
![{\displaystyle (n-1)S\sim W_{p}(n-1,\Sigma ).}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/399bec727ba592c6e68ae1e084c0fdf18f2acd9b)
Erläuterung
Das heißt, die unnormalisierte Kovarianzmatrix der Zufallsstichprobe aus einer multivariaten Normalverteilung folgt der Wishart-Verteilung. Für den Maximum-Likelihood-Schätzer für die Kovarianzmatrix gilt:
![{\displaystyle {\widehat {\Sigma }}_{ML}={\frac {(n-1)}{n}}S}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/d25e4bf7f51914e9a59dbfa01868d2b2cdb2c260)
Weblinks
Literatur
- Ludger Rüschendorf: Mathematische Statistik. Springer Verlag, Berlin/Heidelberg 2014, ISBN 978-3-642-41996-6, doi:10.1007/978-3-642-41997-3.
Einzelnachweise
- ↑ Alan J. Izenman: Modern multivariate statistical techniques: Regression, classification, and manifold learning. 1. Auflage. Springer-Verlag, New York, ISBN 978-0-387-78189-1, S. 63.
- ↑ Harald Uhlig: On Singular Wishart and Singular Multivariate Beta Distributions. In: The Annals of Statistics, Ann. Statist. Nr. 22, 1994, doi:10.1214/aos/1176325375.
- ↑ T. W. Anderson: The Non-Central Wishart Distribution and Certain Problems of Multivariate Statistics. In: The Annals of Statistics, Ann. Statist. Nr. 17, 1946, doi:10.1214/aoms/1177730882.
- ↑ Alan T. James: Distributions of Matrix Variates and Latent Roots Derived from Normal Samples. In: The Annals of Mathematical Statistics, Ann. Statist. Nr. 35, 1964, doi:10.1214/aoms/1177703550.
- ↑ A.K. Gupta, D.K. Nagar: Matrix Variate Distributions. Chapman & Hall/CRC, ISBN 1-58488-046-5, S. 113–114.
- ↑ Marie-France Bru: Wishart Processes. In: Journal of Theoretical Probability, Vol 4. Nr. 4, 1991, S. 725–751, doi:10.1007/bf01259552.
- ↑ Pavel Yaskov: A short proof of the Marchenko-Pastur theorem. In: arXiv. Abgerufen am 30. Mai 2021.
- ↑ Alan J. Izenman: Modern multivariate statistical techniques: Regression, classification, and manifold learning. 1. Auflage. Springer-Verlag, New York, ISBN 978-0-387-78189-1, S. 64.
Diskrete univariate Verteilungen
Kontinuierliche univariate Verteilungen
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